
Ein Kapitän verlangte mehr als 100.000 Euro für angebliche Bereitschaftszeiten – mit der Begründung, dass ihm während seiner Freizeit an Bord der Alkoholkonsum untersagt war. Doch sowohl das Arbeitsgericht Hamburg als auch das Landesarbeitsgericht Hamburg lehnten seine Klage ab. Die Begründung der Richter: Ein Alkoholverbot stellt keine ausreichende Einschränkung dar, um Freizeit rechtlich als vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst zu werten. Ein klares Urteil mit Signalwirkung – denn nicht jede private Einschränkung führt automatisch zu einem Vergütungsanspruch im Arbeitsrecht.
Das erwartet Sie:
- LAG Hamburg: Alkoholverbot an Bord ist keine Grundlage für Bereitschaftsvergütung
- LAG Hamburg: Kein Vergütungsanspruch für alkoholfreie Freizeit an Bord
- LAG Hamburg: Alkoholverbot ist keine Anordnung zum Bereitschaftsdienst
- Seeleute als arbeitsrechtlicher Sonderfall: Kein Anspruch auf Vergütung von Bereitschaftszeiten
- Europäische Arbeitszeitrichtlinie: Kein Vorteil für Seeleute bei Bereitschaftsdienst
- LAG Hamburg: EU-Arbeitszeitrichtlinie gilt nicht für Seeleute – keine Vergütungspflicht bei Alkoholverbot
LAG Hamburg: Alkoholverbot an Bord ist keine Grundlage für Bereitschaftsvergütung
Mit Urteil vom 13.11.2024 (Az. 7 SLa 16/24) hat das Landesarbeitsgericht Hamburg entschieden: Ein pauschales Alkoholverbot auf Schiffen rechtfertigt keinen Anspruch auf Vergütung wegen angeblicher Bereitschaftszeiten. Die sicherheitsbedingte Null-Promille-Politik einer Reederei stellt laut Gericht keine so erhebliche Einschränkung dar, dass Freizeit rechtlich als Arbeitszeit zu werten wäre.
Zudem betonte das Gericht: Die europarechtliche Rechtsprechung zur Arbeitszeitrichtlinie ist auf Seeleute nicht direkt übertragbar.
Das Urteil sorgt für Klarheit im maritimen Arbeitsrecht – und liefert wichtige Orientierung für Reedereien, Personalabteilungen und arbeitsrechtliche Berater.
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LAG Hamburg: Kein Vergütungsanspruch für alkoholfreie Freizeit an Bord
Ein seit 2007 beschäftigter Kapitän verlangte über 108.000 Euro von seiner Reederei – er bewertete seine alkoholfreie Freizeit an Bord als vergütungspflichtigen Bereitschaftsdienst. Anlass war eine interne Mitteilung aus dem Jahr 2022, in der die international tätige Reederei ihr Alkoholverbot an Bord erneut bekräftigte. Dieses solle die Einsatzfähigkeit der Crew im Ernstfall sicherstellen und sei arbeitsrechtlich zulässig, auch ohne gesetzliche Grundlage.
Der Kapitän forderte daraufhin den gesetzlichen Mindestlohn für mehr als 11.000 Stunden Freizeit. Das Arbeitsgericht Hamburg lehnte die Klage ab – ebenso wie das Landesarbeitsgericht Hamburg in zweiter Instanz. Beide Gerichte machten deutlich: Ein generelles Alkoholverbot in der Freizeit stellt keine so erhebliche Einschränkung dar, dass sie einen Anspruch auf Vergütung wegen Bereitschaftsdienst begründet.
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LAG Hamburg: Alkoholverbot ist keine Anordnung zum Bereitschaftsdienst
Das Landesarbeitsgericht Hamburg stellte in seinem Urteil unmissverständlich klar: Der Hinweis auf das bereits bestehende Alkoholverbot an Bord stellt keine neue arbeitsrechtliche Weisung dar, sondern lediglich die Bestätigung einer bestehenden unternehmensinternen Regelung. Die Personalabteilung hatte dem Kapitän lediglich vorgeschlagen, die Null-Promille-Vorgabe künftig ausdrücklich im Arbeitsvertrag zu verankern. Die Richter sahen darin keine neue arbeitsrechtliche Anordnung. Zwar räumte das Gericht ein, dass ein Alkoholverbot die Freizeitgestaltung an Bord durchaus beeinflussen kann. Dennoch begründet diese Einschränkung keinen Anspruch auf Vergütung im Sinne eines Bereitschaftsdienstes.
Die dauerhafte Anwesenheit auf dem Schiff sei eine typische Begleiterscheinung des seemännischen Arbeitsverhältnisses. Zudem diene das Alkoholverbot in erster Linie der allgemeinen Sicherheit an Bord – nicht einer ständigen Einsatzbereitschaft des Kapitäns.
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Seeleute als arbeitsrechtlicher Sonderfall: Kein Anspruch auf Vergütung von Bereitschaftszeiten
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hamburg hätte selbst eine ausdrückliche Anordnung von Bereitschaftsdienst durch die Personalabteilung keinen Vergütungsanspruch begründet. Weder der individuelle Arbeitsvertrag noch der einschlägige Heuertarifvertrag (HTV-See) enthalten entsprechende Regelungen zu vergütungspflichtiger Bereitschaftszeit.
Zudem weist das Gericht darauf hin: Im Tarifvertrag ist bereits berücksichtigt, dass Seeleute ihre Freizeit typischerweise an Bord verbringen. Diese Besonderheit des maritimen Arbeitsverhältnisses ist tariflich mitgedacht – und führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf zusätzliche Vergütung.
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Europäische Arbeitszeitrichtlinie: Kein Vorteil für Seeleute bei Bereitschaftsdienst
Das Landesarbeitsgericht Hamburg stellte klar: Auch die europäische Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) begründet keinen Anspruch des Kapitäns auf Vergütung für angebliche Bereitschaftszeiten. Zwar unterscheidet die Richtlinie ausdrücklich zwischen echter Ruhezeit und Bereitschaftsdienst, bei dem Beschäftigte dem Arbeitgeber am Arbeitsort zur Verfügung stehen müssen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat hierzu mehrfach entschieden, dass Bereitschaftsdienst grundsätzlich als Arbeitszeit einzustufen ist – insbesondere dann, wenn sich Arbeitnehmende außerhalb ihres üblichen Lebensumfelds befinden und nur eingeschränkten Zugang zur Freizeit haben.
Im konkreten Fall greift diese Rechtsprechung jedoch nicht. Denn: Seeleute sind gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen.
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LAG Hamburg: EU-Arbeitszeitrichtlinie gilt nicht für Seeleute – keine Vergütungspflicht bei Alkoholverbot
Das Landesarbeitsgericht Hamburg stellte klar: Die europäische Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) findet gemäß Artikel 1 Absatz 3 ausdrücklich keine Anwendung auf Seeleute. Stattdessen gilt im maritimen Bereich eine spezielle Vereinbarung zwischen der European Community Shipowners’ Associations (ECSA) und der Federation of Transport Workers’ Unions in the EU (FST) aus dem Jahr 1998, die seit 1999 auf europäischer Ebene die Arbeitszeitregelungen für Seeleute bestimmt.
Diese sogenannte Sozialpartnervereinbarung enthält keine allgemeine Regelung zur Vergütung von Bereitschaftszeiten. Lediglich für den Fall, dass ein Seemann während seiner Ruhezeit zur Arbeit gerufen wird – etwa weil der Maschinenraum unbesetzt ist – sieht die Vereinbarung einen Anspruch auf angemessene Ausgleichsruhezeiten vor.
Ein genereller Vergütungsanspruch für bloße Einschränkungen der Freizeit – etwa durch ein Alkoholverbot an Bord – lässt sich daraus nicht ableiten.
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