Noch immer müssen Mitarbeiter, die nicht geimpft oder genesen sind, für den Zugang zur Arbeitsstätte einen gültigen Corona-Testnachweis beibringen. Und es stellt sich die Frage, ob die Zeit der Corona-Testung vergütungspflichtige Arbeitszeit ist. Es gibt juristische Stimmen, die das bejahen. Ich bin da eher skeptisch.
Corona-Tests als vergütungspflichtige Arbeitszeit?
Vor einigen Wochen habe ich wie jeden Samstag eine juristische Fachzeitschrift aufgeschlagen. Mein Augenmerk fiel sofort auf einen Beitrag zum Thema Corona-Tests und Arbeitszeit. Die Essenz des Beitrages: Zeiten von Corona-Tests seien vergütungspflichtige Arbeitszeit, da sie im fremdnützigen Interesse des Arbeitgebers erfolgen würden.
Das heißt also, dass der Arbeitgeber für die Testzeiten zahlen soll, auch wenn sich die Arbeitnehmer nicht mal in der Nähe der Arbeitsstätte befinden? Ja genau, das ist damit gemeint. Ich bin allerdings anderer Auffassung. Ich bin der Meinung, dass hier keine hinreichende Fremdnützigkeit vorliegt, um eine Vergütungspflicht von Arbeitgebern begründen zu können.
Corona-Tests erfolgen nicht ausschließlich im Arbeitgeberinteresse
Denn die Corona-Tests erfolgen nicht ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Sie dienen nicht ausschließlich „der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses“, so wie es in der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangt wird (BAG, 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).
Die Arbeitnehmer müssen einen gültigen Corona-Testnachweis darbringen, wenn sie Zutritt zur Arbeitsstätte erhalten möchten. Und es ist die arbeitgeberseitige Pflicht, diese Testnachweise zu kontrollieren.
Arbeitnehmer lassen sich also testen, um Zugang zur Arbeitsstätte zu erhalten und damit ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung erbringen zu können. Andernfalls wird ihnen der Zugang verwehrt. Sie können dann an diesem Tag nicht arbeiten und erhalten keinen Lohn. Denn es gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn.
Natürlich haben Arbeitgeber ein Interesse daran, dass Arbeitnehmer ihnen zur Verfügung stehen und ihre arbeitsvertragliche Leistung erbringen. Die Anwesenheit von Mitarbeitern ist im Sinne der betrieblichen Abläufe.
Allerdings überwiegt vorliegend das Eigeninteresse der Arbeitnehmer in einem Maße, dass nicht mehr einer die Vergütungsverpflichtung auslösenden „Fremdnützigkeit“ die Rede sein kann.
Seitenblick auf die Rechtsprechung zu Reisezeiten
Dies verdeutlicht auch der Seitenblick auf die Rechtsprechung zur Vergütungspflicht der Reisezeiten. Dort wird eine ganz andere Interessenintensität des Arbeitgebers verlangt, um Fremdnützigkeit bejahen zu können.
Unabhängig davon spricht das BAG in diesem Zusammenhang auch häufig von einer „ausschließlich fremdnützige(n) Tätigkeit“. Sowohl bei Reise- wie auch bei Umkleidezeiten (BAG, 12.12.2018 – 5 AZR 124/18). Eine ausschließliche Fremdnützigkeit liegt allerdings wohl fern. Die Corona-Testung ist zumindest auch eigennützig.
Zu bedenken ist außerdem, dass der Arbeitnehmer durch die Tests tagesaktuell auch an Freiheiten gewinnt. So kann er z.B. den ÖPNV nutzen und Einrichtungen besuchen.