Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland verspüren den Wunsch, ihre Arbeit in Teilzeit zu erbringen. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur. Und ganz grundsätzlich haben Sie auch ein Recht auf Arbeit in Teilzeit. Doch nicht selten kommt es zu Konflikten, nachdem Arbeitnehmer den Teilzeitantrag gestellt haben. Der Antrag auf Teilzeit wird vom Arbeitgeber manchmal abgelehnt – aus betrieblichen Gründen -, was Arbeitnehmer regelmäßig in die Zwickmühle bringt.
Wir möchten Dir in diesem Ratgeber Deine rechtlichen Optionen aufzeigen, wenn der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit abgelehnt hat. Wir geben Dir Informationen unter anderem darüber,
- unter welchen rechtlichen Voraussetzungen Teilzeitarbeit möglich ist,
- ob Du ein Recht auf Teilzeitarbeit hast,
- inwieweit der Arbeitgeber den Antrag auf Teilzeit ablehnen kann,
- welche rechtlichen Möglichkeiten Du hast, wenn der Arbeitgeber den Teilzeitantrag zu Unrecht abgelehnt hat.
Nachdem Du unseren fundierten Ratgeber gelesen hast, wirst Du wissen, was zu tun ist, wenn der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit abgelehnt hat. Sollten danach noch Fragen offen bleiben, dann melde Dich gerne bei uns. Gleiches gilt, falls Du anwaltliche Unterstützung wünschst.
Wichtiger Hinweis: Nicht selten kommt es anlässlich von Teilzeit- oder Elternteilzeitverlangen zu Gesprächen über eine Beendigung. Manchmal sprechen Arbeitgeber eine Kündigung aus oder bieten einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung an. In solchen Fällen solltest Du den direkten Kontakt zu uns suchen, damit wir die Sache im Einzelnen besprechen können.
Hat der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit abgelehnt? Wir unterstützen Dich gerne bei Durchsetzung Deiner Rechte.
Jetzt kostenfreies Erstgespräch sichernInhaltsverzeichnis
Was ist Teilzeitarbeit?
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz definiert in § 2 Abs. 1 Satz 1 einen Teilzeitarbeitnehmer als jemanden,
„dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers“.
Ein Arbeitnehmer ist auch dann in Teilzeit beschäftigt, wenn es sich um eine geringfügige Beschäftigung („Mini-Job“) handelt.
Daraus wird ersichtlich, dass die Gestaltungsmöglichkeiten für die Arbeit in Teilzeit groß sind. Ein Arbeitnehmer in Vollzeit kann seine Arbeitszeit zum Beispiel von 40 Stunden auf 38 Stunden verringern. Er kann die Arbeitszeit aber auch in einem Maße verringern, dass sein Arbeitsverhältnis danach nur noch geringfügiger Natur ist.
Auch ist es möglich, dass Du Deine Arbeitszeit von einer 5-Tage-Woche auf eine 4-Tage-Woche verringerst. Auch das ist Teilzeitarbeit.
Die Verringerung der Arbeitszeit ist dauerhaft. Das heißt, dass eine Rückkehr zur alten Arbeitszeit grundsätzlich nicht mehr möglich ist. Eine Ausnahme gilt nur für die sogenannte Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG. Unter den dortigen Voraussetzungen ist eine vorübergehende Verringerung der Arbeitszeit möglich.
Voraussetzungen für Arbeit in Teilzeit
Die gute Nachricht ist: Arbeitnehmer haben grundsätzlich ein Recht auf Arbeit in Teilzeit. Hierzu müssen allerdings einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Du kannst die nachfolgende Auflistung als Checkliste verwenden, ob bei Dir die Voraussetzungen für Teilzeitarbeit gegeben sind:
- Du musst Arbeitnehmer sein. Es spielt keine Rolle, um welche Art von Arbeitsverhältnis es sich handelt. Das heißt, dass zum Beispiel auch befristet Beschäftigte, geringfügig Beschäftigte, leitende Angestellte oder AT-Angestellte grundsätzlich einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben. Freie Mitarbeiter oder arbeitnehmerähnliche Personen haben kein Recht auf Teilzeitarbeit. Gleiches gilt für Auszubildende.
- Das Arbeitsverhältnis muss länger als 6 Monate bestanden haben.
- Beim Arbeitgeber (Unternehmen) müssen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sein – ohne Auszubildende. Dabei kommt es nicht auf 15 Vollzeitstellen an, sondern nur darauf, ob der Arbeitgeber mehr als 15 „Köpfe“ beschäftigt.
- Eventuell: Die letzte Verringerung Deiner Arbeitszeit oder berechtigte Ablehnung durch den Arbeitgeber ist mehr als 2 Jahre her.
- Du hast Dein Teilzeitverlangen ordnungsgemäß (form- und fristgerecht) geltend gemacht.
- Der Arbeitgeber hat Deinen Antrag auf Teilzeit nicht abgelehnt bzw. nicht form-/fristgerecht abgelehnt.
Wie Du Dir sicher denken kannst, spielt in der Praxis bei den letzten beiden Punkten rechtlich die Musik. Denn nicht immer gibt es ein ordnungsgemäßes Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers. Häufigster Streitpunkt ist jedoch die Berechtigung von Arbeitgebern, den Antrag auf Teilzeit abzulehnen. Deswegen gehen wir nachfolgend auf diese beiden Punkte gesondert ein.
Ordnungsgemäßes Teilzeitverlangen – Fehler vermeiden
Wenn Du zukünftig gerne in Teilzeit arbeiten möchtest, solltest Du Deine Hausaufgaben machen. Du muss den Antrag auf Teilzeit ordnungsgemäß stellen. Ansonsten riskierst Du, dass der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit ablehnt. Wenn Du nur einige kleine Punkte beachtest, stellst Du sicher, dass Dein Antrag auf Teilzeit rechtlich sauber ist. Hier kommen die wesentlichen Punkte:
Teilzeitverlangen mindestens 3 Monate im Voraus
Du musst Deinen Teilzeitanspruch mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit beim Arbeitgeber geltend machen. Wichtiger Hinweis: In den ersten sechs Monaten ist das nicht möglich. Das heißt, Du kannst den Antrag auf Teilzeit erst nach sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen.
Wenn das Teilzeitverlangen zu kurz bemessen ist, dann ist das nur teilweise schädlich. In diesem Fall greift das Teilzeitverlangen zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Teilzeitarbeit frühestmöglich wäre (in 3 Monaten).
Gewünschte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit
Das Gesetz verlangt von Dir, dass Du zwingend Deinem Antrag auf Teilzeit die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit angibst. Das heißt, Anträge wie „Ich möchte meine Arbeitszeit verringern“ reichen nicht aus. Du musst schon angeben, auf welche Arbeitszeit Du verringern möchtest (zum Beispiel von 40 Stunden auf 30 Stunden wöchentlich). Ansonsten könnte es sein, dass Dein Antrag auf Teilzeit abgelehnt wird.
Darüber hinaus sollst Du auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Das ist jedoch keine zwingende Angabe. Du kannst die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage auch dem Ermessen des Arbeitgebers überlassen.
Geltendmachung in Textform
Die Formerfordernisse sind nicht besonders hoch. Und doch gibt es ein Mindestmaß an Formvorgaben im Gesetz. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG musst Du Dein Verlangen in Textform geltend machen. Was ist Textform? Die Textform verlangt
- eine lesbare Erklärung,
- in der die Person der Erklärenden genannt ist und
- die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben ist.
Mit anderen Worten: Eine E-Mail genügt, wenn Du die E-Mail mit Deinem Namen abschließt. Um bei der Form wirklich keine Fehler zu machen, empfehlen wir, (1) den Antrag auszudrucken (2) zu unterschreiben (3) einzuscannen (4) per E-Mail vorab an den Arbeitgeber zu übermitteln und (5) als Einschreiben im Original per Post zu übersenden.
Wenn Du so verfährst, stellst Du auch sicher, dass der Antrag dem Arbeitgeber wirklich zugeht und Du den Zugang beweisen kannst.
Ablehnung von Teilzeit durch den Arbeitgeber – Betriebliche Gründe
Sobald der Arbeitgeber Deinen Antrag erhalten hat, muss er sich damit auseinandersetzen. Er hat mit Dir den Antrag auf Teilzeit mit dem Ziel zu erörtern, eine Einigung zu erzielen. Für Deinen Arbeitgeber bieten sich grundsätzlich folgende Optionen:
(1) Zustimmung zur Arbeitszeitverringerung und zur (Neu-)Verteilung der Arbeitszeit
(2) Zustimmung zur Arbeitszeitverringerung, Ablehnung der Arbeitszeitverteilung
(3) Ablehnung des Antrags auf Teilzeit im Ganzen
Teilzeitantrag muss form- und fristgerecht abgelehnt werden
Wenn der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit ablehnen möchte (oder auch nur die Arbeitszeitverteilung), hat er dafür nicht unbegrenzt Zeit. Spätestens einen Monat vor Beginn der gewünschten Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber den Antrag auf Teilzeit in Textform abgelehnt haben.
Und was ist, wenn der Arbeitgeber diese Frist verabsäumt hat? Das hat ihn rechtlich harte Konsequenzen. Denn das Gesetz sagt in diesem Fall:
Die vom Arbeitnehmer gewünschte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit gilt als festgelegt.
Erforderlich: Entgegenstehende betriebliche Gründe
Wenn der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit form- und fristgerecht abgelehnt hat, heißt das aber noch lange nicht, dass die Sache damit erledigt wäre. Tatsächlich kann der Arbeitgeber Deinen Teilzeitantrag nicht einfach so ablehnen. Diese rechtliche Befugnis hat der Arbeitgeber gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG nur dann, soweit betriebliche Gründe dem entgegenstehen.
Betriebliche Gründe sind dann gegeben, wenn die Verringerung die Organisation, die Arbeitsabläufe oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen würde. Gleiches gilt, wenn es dadurch zu unverhältnismäßigen Kosten kommen würde.
Arbeitgeber begründen die Ablehnung des Teilzeitantrags häufiger damit, dass die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation wesentlich beeinträchtigen würde. Die Argumentation des Arbeitgebers ist jedoch nicht immer durchgreifend. Die Rechtsprechung prüft anhand von drei Schritten, ob objektiv-sachliche Gründe dem Teilzeitverlangen entgegenstehen.
Prüfung entgegenstehender betrieblicher Gründe
(1) Besteht ein betriebliches Organisationskonzept? Wenn ja, wie ist es ausgestaltet?
(2) Steht das Organisationskonzept dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegen? Kann das Organisationskonzept mit zumutbaren Änderungen mit dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers harmonisiert werden?
(3) Ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so hoch, dass durch die Arbeit in Teilzeit die unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt wird?
BAG, Urteil vom 13.11.2012 – 9 AZR 259/11
Die vom Arbeitgeber geltend gemachten betrieblichen Gründe müssen von erheblichem Gewicht sein.
BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 9 AZR 164/02
Arbeitgeber sind verpflichtet, alle Möglichkeiten der betrieblichen Umorganisation auszuschöpfen und ggf. denkbare Störungen im Arbeitsablauf oder in der betrieblichen Organisation aufzuheben bzw. zu minimieren.
Arbeitnehmern kommt zugute, dass Arbeitgeber hinsichtlich der betrieblichen Ablehnungsgründe darlegungs- und beweisbelastet sind.
Beispiele für entgegenstehende betriebliche Gründe
- Nicht mögliche Teilbarkeit eines Vollarbeitsplatzes (Ausnahme: Arbeitsplatz war bereits vorher „geteilt“)
- Pädagogisches Organisationskonzept bei Erzieherin/Gruppenleiterin mit kontinuierlicher Betreuung der Kinder durch eine Bezugsperson
- Servicekonzepte, die eine Besetzung von Arbeitsplätzen in Vollzeit verlangen (Kunden sollen immer den gleichen Ansprechpartner haben)
- Passende Teilzeitkraft steht auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung / Anordnung von Überstunden nicht möglich (Arbeitgeber muss aber bei der Agentur für Arbeit nachfragen und interne/externe Stellenausschreibungen vornehmen)
- Einsatz einer Ersatzkraft führt zu unverhältnismäßigen zusätzlichen Kosten (nicht ausreichend: Recruiting-Kosten, Einarbeitungskosten, höherer administrativer Aufwand)
- Auftraggeber verlangt Einsatz von Leiharbeitnehmern mit einer bestimmten Zahl von Wochenstunden
- Entgegenstehende Teilzeitwünsche anderer Arbeitnehmer
- Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zur Einstellung einer Ersatzkraft
Teilzeit abgelehnt aus betrieblichen Gründen – Rechtliche Möglichkeiten
Wenn der Arbeitgeber Deinen Antrag auf Teilzeit abgelehnt hat, ist das natürlich für Dich erstmal ein Problem. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass der Arbeitgeber den Teilzeitantrag auch begründet abgelehnt hat. Die Frage, ob betriebliche Gründe Deinem Teilzeitantrag entgegenstehen, ist gerichtlich überprüfbar.
Das Problem: Wenn Du nicht tätig wirst, bleibt alles beim Alten. Obwohl der Arbeitgeber keinen Grund hatte, Deinen Antrag auf Teilzeit abzulehnen. Daher bleibt Dir nur als Ausweg, die Entscheidung des Arbeitgebers gerichtlich überprüfen zu lassen. Sollten die entgegenstehenden betrieblichen Gründe des Arbeitgebers nur vorgeschoben oder rechtlich nicht stichhaltig sein, würde das Arbeitsgericht den Arbeitgeber dazu verurteilen, seine Zustimmung zur Arbeitszeitänderung zu erklären.
Mit Rechtskraft des Urteils gilt gemäß § 894 ZPO die Zustimmungserklärung als abgegeben. Das ist aber auch schon der Haken bei der ganzen Geschichte: Wir brauchen die Rechtskraft. Und bis diese eintritt, dauert es womöglich zwei Instanzen. Das entspricht zeitlich mehr als einem Jahr in der Arbeitsgerichtsbarkeit.
Eine Idee wäre, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Die Erfolgsaussichten wären jedoch zweifelhaft. Denn: Eine stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts würde eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten. Aus Sicht von Arbeitnehmern gibt es jedoch keine Alternative, um eine Streitigkeit um eine Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung zügig vor das Arbeitsgericht zu bringen.